Die Herausforderung war groß, als das Berliner Architekturbüro David Chipperfield Architects den Auftrag erhielt, die Neue Nationalgalerie von Grund auf zu sanieren. Es galt, in dem zwischen 1965 und 1968 errichteten Gebäude künftig einen modernen Museumsbetrieb zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte der Charakter des vom Architekten Ludwig Mies van der Rohe entworfenen visionären Museumsbaus weitgehend erhalten bleiben und so wenige sichtbare Veränderungen erfahren wie möglich.
Bauherrin des Projekts war die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Insgesamt nahm die Sanierung der Neuen Nationalgalerie sechs Jahre in Anspruch, bis der markante Museumsbau im August 2021 wieder für Publikum geöffnet werden konnte. Nach fast 50-jähriger Nutzung hatte das zweigeschossige Gebäude zuvor unter zahlreichen Mängeln gelitten: Darunter waren Schäden im Beton und an der Sockelfassade, häufiger Glasbruch an der charakteristischen Glasfassade, Mängel bei der Haustechnik und beim Brandschutz, ein undichtes Stahldach und Risse im Belag der großen Granitterrasse, die das Gebäude umläuft.
30.000 Originalbauteile entnommen
Um möglichst wenig an dem weltberühmten Museumsgebäude zu verändern, ließen die Architekten von Chipperfield über 30.000 Originalbauteile herausnehmen, auslagern, wenn erforderlich in Spezialwerkstätten sanieren und wieder einbauen. Zu den ausgelagerten Objekten zählten etwa Innenwandverkleidungen, Deckengitter, Leuchten, Fassaden- und Terrassenplatten. Unter solch gewaltigem Aufwand wurde im Zeitraum zwischen 2018 und 2020 auch die große Außenterrasse saniert. Der Belag war zuvor ohne Drainagen nur lose auf Splitt verlegt worden.
Die in solchen Fällen zu erwartenden Schäden wie Unebenheiten, Überzähne und Risse im Belag blieben im Lauf der Zeit nicht aus. Bei der Sanierung wurden sämtliche Natursteinplatten auf der 7.000 Quadratmeter großen Fläche – größtenteils in den Abmessungen 1200 x 1200 x 40 mm – aufgearbeitet und an alter Stelle wieder verlegt. „Einen Aufwand in dieser Größenordnung hatte ich zuvor noch nie erlebt“, erinnert sich Fachberater Andreas Pfeiffer von Gutjahr Systemtechnik, der mehrfach auf der aus Sicherheitsgründen nur schwer zugänglichen Baustelle war. „Es wurde jeder Stein aufgenommen, einzeln nummeriert, 40 Kilometer entfernt eingelagert und dann wieder eingebaut.“
Naturwerksteinplatten aus Striegauer Granit
Der Kontakt zur Firma Gutjahr war durch die Projektierungsgesellschaft ProDenkmal Berlin zustande gekommen, die das Architekturbüro Chipperfield bei dem Projekt an der Neuen Nationalgalerie beratend begleitete. Bereits im Jahr 2013 wandte sich die Projektierungsgesellschaft direkt an Walter Gutjahr, Gründer und zu dieser Zeit Geschäftsführer von Gutjahr Systemtechnik. Das Ziel war, die Frage der Entwässerung der Terrasse zu klären und verschiedene Aufbauvarianten zu erarbeiten. Ursprünglich war erwogen worden, die ausgebauten Naturwerksteinplatten aus Striegauer Granit wie zuvor wieder ohne Drainage auf einer Bettungsschicht aus Splitt zu verlegen.
Herausforderung: Nur geringes Gefälle auf großer Fläche
Der Nachteil der losen Verlegung: Ein Kies- oder Splittbett ist nicht kapillarpassiv. Steht Wasser auf der Abdichtung, wandert es über die Konstruktion wieder nach oben. Die Folge sind hässliche Feuchteflecken und die Verunkrautung der Fugen. „Die größte Herausforderung bei der Terrassensanierung an der Neuen Nationalgalerie war das zu geringe Gefälle der Abdichtungsebene, die nur zwischen 0,5 und ein Prozent betragen sollte“, erklärt Walter Gutjahr. „Dabei ist Stauwasser in Pfützen unvermeidbar. Nach den Regelwerken üblich sind mindestens zwei Prozent Gefälle für Abdichtungen im Außenbereich.“
Um unter diesen besonderen Bedingungen zur bestmöglichen Lösung zu gelangen, erstellten die Entwässerungsspezialisten von Gutjahr Systemtechnik in Abstimmung mit dem Architekturbüro Chipperfield und der Projektierungsgesellschaft ProDenkmal eigens spezielle Versuchsflächen. Mit aus dem vorhandenen Belag entnommenen Platten konnten so verschiedene Aufbauvarianten und deren Belastbarkeiten geprüft werden. Denn im öffentlichen Bereich, wie an der Neuen Nationalgalerie, treten ganz andere Belastungen auf als auf Balkonen und Terrassen im privaten Bereich, etwa wenn ein Reinigungsfahrzeug über die Fläche fährt. Dies war bei der Prüfung der verschiedenen Aufbauvarianten ebenfalls zu berücksichtigen.
Die verwendeten Systeme sind kapillarpassiv und sorgen für eine schnelle und dauerhafte Entwässerung der Belagskonstruktion. Foto: Gutjahr
Flächendrainage in Spezialanfertigung
Die Entscheidung fiel schließlich für die Flächendrainage AquaDrain T+ von Gutjahr – in 16 mm Stärke und als Spezialanfertigung mit einer dickeren Wandung. Das speziell für die lose Verlegung von Natur- und Betonwerkstein entwickelte Drainagesystem AquaDrain T+ ist kapillarpassiv und sorgt für eine schnelle und dauerhafte Entwässerung der Belagskonstruktion. Die Drainkanäle bilden eine kapillarbrechende Luftschicht. Sie verhindert, dass auf der Abdichtung partiell verbleibendes Stauwasser mit der Bettungsschicht aus Splitt (Körnung 3 bis 5 mm) in Kontakt kommt. Dadurch werden Feuchteflecken an den Granitplatten größtenteils vermieden – auch dann, wenn flachere Pfützen auf der Abdichtung stehen bleiben. Bei einer Prüfung der tBU Greven hatte das Gutjahr-System im Vergleich mit allen gängigen Drainagematten für Balkone und Terrassen die besten Entwässerungswerte erzielt – dank des drainfähigen Hohlraums von 95 Prozent. Sickerwasser kann so schnell und effektiv abfließen. Die gewählte Variante Aquadrain T+16 ist für eine Flächenbelastbarkeit bis 40 kN/m² geeignet. Die Spezialanfertigung mit dickerer Wandung trägt zusätzlich dazu bei, die auftretenden Belastungen besser aufzunehmen. In den Randbereichen mit fest in Drainmörtel eingebauten Rinnensteinen wurde außerdem die kapillarbrechende Flächendrainage AquaDrain EK eingesetzt, die Gutjahr speziell für die Verlegung von Außenbelägen auf Drainmörtel entwickelt hat.
Viermonatige Demontage
Die Demontage der Terrasse und die Auslagerung der Granitplatten begann 2016 und wurde von der Firma Gebauer Steinmetzarbeiten aus Berlin koordiniert. Diese wurde später – neben anderen Arbeiten bei dem großen Sanierungsprojekt – auch mit der Neuverlegung des Terrassenbelags beauftragt. Diese fand von 2018 bis 2020 statt. Zuvor waren im Büro von David Chipperfield bei einem gemeinsamen Termin mit der Projektierungsgesellschaft ProDenkmal und Gutjahr noch einmal alle technischen Fragen erörtert worden. „Für den kompletten Rückbau – innen und außen – mussten alle Teile kartiert, katalogisiert und abmontiert werden, es war eine richtige Logistik-Aufgabe“, erinnert sich Bauleiterin Manuela Figaschewsky von Gebauer. Nach vier Monaten war die aufwendige Demontage abgeschlossen. Mitte 2018 konnte – nach der Abdichtung der gesamten Fläche mit Bitumenschweißbahnen – mit der Verlegung des Drainagesystems und der Neuverlegung der Granitplatten auf Splittbett begonnen werden: jede einzelne Granitplatte an ihrem früheren Ort und in unveränderter Ausrichtung, wie ein gigantisches Puzzle.
Um die Außenterrasse in Zukunft vor Schäden zu schützen, kamen zwei Flächendrainagen von Gutjahr zum Einsatz: AquaDrain T+ und AquaDrain EK. Foto: Gutjahr
Tragfähige Lösungen
Die große Herausforderung war auch für Bauleiterin Figaschewsky das geringe Gefälle, auf dem die Konstruktion wieder aufgebaut werden musste: „Es ist untypisch, dass so große Flächen mit so geringem Gefälle verlegt werden. Welche Fugenausführung ist die richtige, wird das Wasser durch die Drainagematte ablaufen, was ist mit kleinen Pfützen, die stehen bleiben – all das sind Fragestellungen, die bei ausreichendem Gefälle gar nicht erst aufkommen.“ Denn Niederschläge, die auf einem in ausreichendem Gefälle liegenden Belag größtenteils über die Oberfläche abgeleitet werden, gelangen über die offenen Fugen direkt auf die Abdichtung. Für die Anforderungen bei geringem Gefälle boten die gewählten Flächendrainagen AquaDrain T+ und AquaDrain EK die benötigten, buchstäblich tragfähigen Lösungen.
Der Aufbau der Drainagesysteme und die Verlegung des Belags verliefen reibungslos – auch dank der guten Zusammenarbeit aller an dem umfangreichen Sanierungsprojekt Beteiligten. „Die Zusammenarbeit mit den Architekten und mit Gutjahr Systemtechnik war perfekt“, betont Manuela Figaschewsky. „An der einen oder anderen Stelle haben wir über die Ausführung diskutiert und etwas abgeändert, aber immer in enger Kooperation. Und unabhängig davon, an wen ich mich bei Gutjahr gewandt habe und ob es um die Ausführung oder Lieferungen ging, es entwickelte sich immer sofort eine gemeinsame Lösung“, so die Bauleiterin.
Profis am Werk
Die konstruktive Zusammenarbeit hebt auch Diplom-Ingenieur Stefan Reichert hervor, der das Projekt bei Gutjahr koordinierte: „Die gesamte Durchführung war äußerst weitsichtig, es waren überall Profis am Werk. Bei offenen Fragen haben Architekten wie Bauleitung immer sehr früh angefragt, das ist grundsätzlich sehr hilfreich.“ Ziel der umfangreichen Planungen bei der Sanierung der Terrasse war, eine höhere Tragfähigkeit und eine ausreichende Wasserleitfähigkeit zu erreichen. „Das Gefälle war dafür nicht ganz ideal, aber mit dem kanalartigen Ableitsystem als optimaler Lösung haben wir es gemeinsam geschafft“, stellt Stefan Reichert zufrieden fest. Und so zweifelte nach der Wiederöffnung des historischen Gebäudes niemand daran, dass die Terrasse den künftigen Belastungen standhalten wird.
Foto: David von Becker